45 Minuten für eine Tasse Tee

Als Etienne Manceau die Bühne betritt – der Blick etwas nach unten gesenkt, ein schüchterner Gang – hört man aus dem Publikum schon vereinzelte Lacher. Vu ist ein „Solo für einen Zweckentfremder von Alltagsgegenständen“ und hatte am Freitag beim Perspective-Festival in Saarbrücken seien Deutschlandpremiere.

Einen skurrilen Anblick bietet der einzige Schauspieler. Er trägt Hemd, Krawatte und Anzughose, putzt sich die Schuhe auf der nur in Umrissen angedeuteten Fußmatte ab und betritt seine „Küche“ – auch diese besteht nur aus der weißen Grundrisslinie. Bedacht holt er aus der Schublade des niedrigen Tisches in der Mitte der Bühne einen Klappstuhl heraus und klappt ihn mit einem lauten Knall auf. Weiter baut er mit viel Liebe zum Detail einen Wasserkocher auf, holt ein Teeglas heraus und bereitet alles vor für seine kleine Teezeremonie. Schon als er seine Krawatte genau parallel zur Tischkante auf die Platte legt, merkt das Publikum: Mit dem stimmt irgendetwas nicht. Das Verhalten eines Clowns oder eines überordentlichen, merkwürdigen Kerls? Er neigt zu Spielereien. So schafft er es, das Zuckerstücken so auf dem Knopf des Wasserkochers zu platzieren, dass dieses im richtigen Moment in das Teeglas hüpft. Allerlei Konstruktionen lässt er sich nacheinander einfallen, um auch Milch und eine weitere Portion Zucker in den Tee zu machen. Der dann – oh, Wunder – kalt ist, als er ihn trinken möchte. Zum Glück befindet sich hinter der Bühne eine Mikrowelle und Manceau schafft es, mittels Blickkontakt, eine Zuschauerin dazu zu bringen, ihm die Tasse wieder zu holen. Mit einem Marshmallow besticht er auch einen sichtlich peinlich berührten Jungen aus dem Publikum, ihm zu helfen. Die nachdenklichen, merwürdigen bis hin zu doofen Blicke lassen die Jungs in der erste Reihe nicht aufhören zu kichern. Die ganze Situation ist äußerst absurd, obwohl triviale Handlungen stattfinden. Manceau schafft es, die kleinsten Bewegungen auf lächerlich komplizierte Weise zu bewerkstelligen. Zum Amusement des Publikums. Bei den einen zaubert das vereinzelt ein Lächeln ins Gesicht, bei den anderen Kichern oder lautes Gelächter. Die einen mögen es albern finden, die anderen lustig und die dritten vermögen es gar nicht einzuordnen, was diese 45 Minuten sollen. Eine Aufforderung, mehr Abwechslung in das Alltägliche zu bringen? Oder macht sich Manceau lustig darüber, wie absurd man einfache Handlungen verkomplizieren kann? Oder will er uns einfach nur 45 Minuten unterhalten?

Kommentare einblendenKommentare ausblenden

Kommentare sind deaktiviert.